Wir wohnen auf dem Bindestrich (Schwarzwälder Bote 21.04.2018)

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Gabriele Cernoch-Reich ist vieles: Grund- und Hauptschullehrerin, Schulleiterin, Lehrbeauftragte, Bewohnervertreterin, Stiftungsrätin und stellvertretende Vorsitzende eines Sportvereins. Nicht nur ihren Beruf, auch ihre Ehrenämter erledigt die 57-Jährige mit Leidenschaft.

Seit fünf Jahren leitet Gabriele Cernoch-Reich die Haslachschule in Villingen. Dass sie beruflich "etwas mit Kindern" machen würde, war ihr schon als junges Mädchen klar. Geboren ist sie in Villingen, aufgewachsen aber auch in Schwenningen. Sie besuchte die Warenberg- und die ­Neckarschule, das Deutenberg- und das Wirtschaftsgymnasium.

In Freiburg studierte sie für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen, obwohl ihre Mutter angesichts der damals schlechten Einstellungschancen für Lehrer davon abriet. Und tatsächlich: drei Jahre musste Gabriele Cernoch-Reich mit Jobs als Nachhilfelehrerin, bei der Post und im Einzelhandel überbrücken, bevor sie an "ihrer" Neckarschule Lehrerin werden durfte. Zehn Jahr war sie dort, übernahm dann für vier Jahre die Leitung der kleinen Grundschule in Riedöschingen und schließlich auch parallel dazu von Riedböhringen.

Mit fast 250 Schülern war die Grund- und Werkrealschule Unterkirnach da schon eine andere Größenordnung. Auch die leitete sie zehn Jahre lang, bevor sie an die Grund- und Werkrealschule Obereschach wechselte. Der Not an Schulleitern gehorchend übernahm sie bald auch die Leitung der Außenstelle Weilersbach und der Haslachschule, zusammen fast 400 Schüler und 40 Lehrkräfte. Die größte Herausforderung sei damals gewesen, "zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein", sagt Gabriele Cernoch-Reich, ein Wunsch, der sich nur selten erfüllen ließ. Inzwischen ist sie "nur" noch Leiterin der Haslachschule mit 190 Schülern, 17 Lehrkräften und zehn Angestellten im Ganztagsbetrieb.

Dass man als Schulleiterin unterrichtet und dazu die ganze Verantwortung trägt, macht sich bekannterweise bei der Besoldung nur geringfügig bemerkbar. Bei allem Verständnis für den grassierenden Mangel an Menschen, die eine Schule leiten wollen, hat Gabriele Cernoch-Reich für sich damit kein Problem. Nicht das Geld, eher der Wunsch, Schule zu gestalten, stehe für sie im Mittelpunkt, sagt sie. Dieses Engagement legt sie auch am Seminar für schulpraktische Ausbildung in Rottweil an den Tag, an dem sie angehende Lehrer in Schul- und Beamtenrecht unterrichtet.

Aktiv im Schilterhäusle

Die Welt ein bisschen besser zu machen – diesen Wunsch hatte sie schon als Vorstandsmitglied des BUND Bad Dürrheim. Bei vielen Aktionen zum Naturschutz war sie dabei. Als 1996 das Wohngebiet Schilterhäusle entstand, waren Gabriele Cernoch-Reich und ihr Mann die ersten Bewohner – und drei Tage lang auch die einzigen.

"Wir wohnen auf dem Bindestrich", sagt sie lächelnd. Für eine überzeugte VS-lerin der ideale Lebensmittelpunkt, wie sie findet. Von Anfang an setzte sie sich für das zweitweise umstrittene Gebiet ein, war Sprecherin und ist bis heute Mitwirkende bei der Bewohnervertretung, die sich einmal jährlich zum Rundgang mit dem Oberbürgermeister trifft. "Wir werden gehört und haben schon viel erreicht", sagt sie nicht ohne Stolz.

Sogar Bebauungspläne wurden geändert und in einer ­Zukunftswerkstatt habe man schon weit vor dem Oberbürgermeister die Idee einer Seilbahn zwischen den beiden Stadtbezirken entwickelt, sagt die Pädagogin und lacht.

Seit dem Bau des Schwarzwald-Baar-Klinikums "boomt" es auch im Schilterhäusle. Wohnungen und Eigenheime schießen wie Pilze aus dem Boden.

Im Vorstand der Panthers

Zwei Freikarten für ein Heimspiel der Wiha-Panthers gaben den Ausschlag für Gabriele Cernoch-Reichs nächstes Ehrenamt. Als Schulleiterin initiierte sie eine Schule-Verein-Kooperation. Daraus entstanden nicht nur Freundschaften und eine erfolgreich im Ligabetrieb agierende Schulmannschaft, sondern auch das Amt der Vize-Vorsitzenden mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit.

Die liegt ihr seit drei Jahren auch als Beirätin der Bürgerstiftung VS am Herzen. Stadtteilverbindende Projekte für Kinder und Jugendliche, aber auch alte Menschen und Familien werden von der Stiftung bezuschusst.

Demnächst kommt das städtische Pilotprojekt "Kultur macht fit", bei dem die kulturellen Einrichtungen der Stadt, Museen, Theater, Bibliotheken und die Musikakademie in Grundschulen kommen und eine Abschlussveranstaltung das Schuljahr beendet, ebenfalls in den Genuss der finanziellen Unterstützung.

Neben dem Wohl der Anderen ist Gabriele Cernoch-Reich das eigene natürlich nicht gleichgültig. In den letzten zwei Jahren hat sie durch Sport und Diät 80 Kilogramm an Körpergewicht verloren. Aus dem dicken Kind, das sich nie viel bewegt hat, ist eine sportlich-attraktive Frau gewordene, die sagt: "Sport ist heute mein Ausgleich".