Gaby Schinle bewegt sich gern und hat viel bewegt (Schwarzwälder Bote 17.03.2018)

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Einmal am Tag an die ­frische Luft gehen und sich mit Freunden oder der ­Familie beim Spiel bewegen zu dürfen – das wünscht sie allen ­Kindern. Gaby Schinle ist Sport­lehrerin aus Leidenschaft und blickt mit Sorge auf den Nachwuchs von heute. 

Eigentlich befindet sich die 65-Jährige schon im beruflichen Ruhestand, doch sie folgte der Bitte, an der Haslachschule, wo sie 37 Jahre tätig war, auch weiterhin stundenweise Sportunterricht zu geben. Gerne gebe sie dabei auch ihre Erfahrungen an die jungen Kollegen weiter, ein Pfund, mit dem sie schließlich wuchern kann.Denn Gaby Schinle hat viel bewegt – im wahrsten Sinne des Wortes. Auf ihre Initiative hin wurde die Haslachschule zu einer bewegten Schule mit zwei großen Pausen am Vormittag, jedes Schulfest beginnt mit einem sportlichen Event. Sie nahm mit ihren Schülermannschaften zahlreiche Male an "Jugend trainiert für Olympia" teil, im Schwimmen, Fußball, Skilanglauf, in der Leichtathletik, und schaffte es dabei nicht selten bis ins Landesfinale.

Eine Zeitlang ging sie mit Schülern auch wöchentlich auf die Eisbahn. Das allerdings ging irgendwann nicht mehr, weil sich keine Eltern als Begleitung mehr fanden. "Die meisten Väter und Mütter arbeiten heute", sagt Gaby Schinle. Was sie versteht, aber auch bedauert, denn sie weiß, dass Kindern Sport grundsätzlich Spaß macht, "aber man muss es ihnen vorleben".

Und genau das kommt ihrer Erfahrung nach in den Familien inzwischen häufig zu kurz. Vor der Haustür Federball spielen, den nahen Spielplatz besuchen, nachmittags auf die Rodelbahn gehen, das finde nur noch selten statt, und auch das Training im Verein ist für viele Kinder, sobald sie dem Mutter-Kind-Turnen entwachsen sind, kein Thema mehr. Sie merkt das ganz deutlich im Sportunterricht. Ballfangen, Purzelbaum, Rückwärtslaufen, Koordination und Ausdauer sind Fertigkeiten, "die auffallend viele Kinder nicht mehr beherrschen", bedauert Gaby Schinle.

In Radolfzell aufgewachsen

In Radolfzell geboren und aufgewachsen besuchte sie nach ihrer Schulzeit die Sportschule in Stuttgart und ließ sich dort drei Jahre zur Sportlehrerin ausbilden – ein Bildungsweg, den es in dieser Form heute nicht mehr gibt. Fast wäre sie danach auf der Mettnau in einer Kurklinik gelandet. Doch 1973 waren Sportlehrer rar, die damals gerade 20-Jährige wurde nach Villingen-Schwenningen geholt und gab Mädchensport an den Schulen auf dem Deutenberg, an der Janusz-Korczak- und der David-Würth-Schule. "Ich fuhr damals immer mit dem Fahrrad von Turnhalle zu Turnhalle, ich hatte den Führerschein zwar schon, aber kein Auto", erinnert sie sich lachend.

Als sie 1981 schließlich an die Haslachschule kam, sei das für sie zunächst ein Schock gewesen – "so kleine Kinder, was mache ich mit denen bloß?" Doch schnell merkte Gaby Schinle, wie richtig sie bei den Grundschülern war. Etwas in Richtung Bewegung bewirken, die ­Guten fördern und die Schwachen motivieren, das wurde ihr Anspruch.

Etliche Talente hat sie an Sportvereine vermittelt. Parallel zum Unterricht war sie 15 Jahre in der Lehrerfortbildung tätig und vermittelte fachfremd unterrichtenden Grundschullehren das Fach Sport. Noten zu geben, das widerstrebt ihr bis heute. Warum soll ein Kind, das sich anstrengt, aber die geforderte Weite, Höhe oder Zeit nicht erreicht, eine schlechte Note bekommen?

Mit ihrem Mann Jean, ebenfalls Sportlehrer im Unruhestand, ist Gaby Schinle selbst immer in Bewegung. In Obereschach spielen beide aktiv Tennis, sie in der Oberliga der Damen 50, sie besuchen regelmäßig das Fitnessstudio, wandern und radeln viel, skaten auf Inlinern, sind auf Ski­pisten und in Loipen anzutreffen und seit drei Jahren leidenschaftliche Tänzer.

Gerne in der Sauna

Kein Wunder, dass ein weiteres Hobby, gutes Essen, nicht anschlägt. Auf regelmäßige Saunabesuche führt Gaby Schinle zurück, dass sie nie krank ist. "Im Alter muss man sich einfach Zeit für seinen Körper nehmen", sagt sie mit Überzeugung.

In ihren beiden Lehrersportgruppen, in der nicht nur Lehrer sind und in der man gemeinsam alt wurde, bemüht sie sich auch um die Beweglichkeit und damit Gesundheit anderer Körper. Ältere Menschen haben ihrer Einschätzung nach mit immer mehr Kindern eines gemeinsam: ein mangelndes Gleichgewichtsgefühl.

So oft es geht auf einem Bein balancieren, dabei die Augen schließen, mit dem angehobenen Fuß eine Acht beschreiben – und dazu die Handgelenke kreisen für eine gute Koordination – lautet die Empfehlung von Gaby ­Schinle dagegen.